Geht´s dir gut? - Ein Lied für Morlen

Es war einmal ein Dorf in einem weiten Tal, wo die Musik wie ein warmer Wind durch die Gassen wehte. In diesem Dorf lebten zwei unzertrennliche Freunde: der eine hieß Jaro, ein lebhafter, fröhlicher Bursche mit funkelnden Augen, der andere hieß Morlen, ein stiller Träumer, der immer eine alte Geige bei sich trug.

Früher streiften sie durch die Wälder, spielten Lieder bis spät in die Nacht, lachten, tanzten und erzählten sich Geschichten unter dem Sternenzelt. Ihre Musik war wild und frei wie der Wind – sie nannten es „Feuerklang“, denn wenn sie spielten, loderten selbst die Herzen der Traurigsten auf.

Doch eines Tages, als der Winter besonders lang war, verstummte Morlens Geige. Er sprach kaum noch, verließ kaum das Haus, und sein Blick war leer wie ein eingefrorener See. Jaro bemerkte es zuerst nicht. Er dachte, Morlen brauche einfach etwas Ruhe. Doch Wochen vergingen, und der Frühling zog ins Land, ohne dass Morlen ein einziges Mal lachte oder spielte.

Jaro wurde unruhig. „Ich will ihn nicht bedrängen“, sagte er sich, „aber ich mache mir Sorgen.“ Und so ging er eines Abends mit klopfendem Herzen zu Morlens Hütte. Die Fenster waren dunkel. Er klopfte an, leise erst, dann lauter. Schließlich öffnete sich die Tür.

Morlen stand da, blass, mit gesenktem Kopf. Die Geige lag verstaubt in der Ecke.

„Geht’s dir gut?“, fragte Jaro leise.

Morlen zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht mehr“, flüsterte er.

Da nahm Jaro die Geige, pustete den Staub ab, stimmte sie und spielte einen schiefen Akkord. Dann lachte er. „Weißt du noch? Im Gasthaus, als der Wirt uns rauswarf, weil wir ‘Feuerklang’ bis in die Dämmerung gespielt haben?“

Ein leichtes Zucken spielte um Morlens Mund. „Du warst furchtbar schief an dem Abend“, murmelte er.

„Aber du hast trotzdem getanzt.“

Morlen setzte sich, hörte zu. Jaro spielte weiter, falsch, wild, mit voller Seele. Und plötzlich, ganz leise, hob Morlen seine Hand. Er nahm die Geige und spielte eine Melodie – zögerlich erst, dann flüssiger. Der Klang war traurig, aber wunderschön.

In dieser Nacht saßen sie am Feuer. Sie sprachen nicht viel. Doch es war genug. Denn Jaro hatte gefragt – und Morlen hatte geantwortet, nicht mit Worten, sondern mit Klang.

Von da an spielte Morlen jeden Tag ein wenig. Nicht weil alles gut war. Sondern weil ein Freund gefragt hatte, ob es ihm gut geht – und geblieben war, um die Antwort zu hören.

Und wenn du je jemanden kennst, der still geworden ist, der nicht mehr tanzt, nicht mehr lacht – frag ihn. Vielleicht braucht er nur jemanden, der bleibt.

 

Zu diesem Märchen findest Du den passenden Song auf dem Album Edelstein von Kahl P , das auf allen bekannten Plattformen verfügbar ist - hier der Link zu YouTube


 

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