Musik
Es war einmal ein Königreich, das hieß Stillonia. In diesem Land war alles still. Kein Vogel sang, kein Bach plätscherte, kein Kind lachte. Es war, als hätte jemand die Welt auf „stumm“ gestellt. Die Bewohner lebten in Ordnung und Pflicht, doch ihr Herz war leer – denn die Musik war verschwunden.
Inmitten dieser lautlosen Welt lebte ein Mädchen namens Mina, das anders war. Sie hörte Lieder – aber nicht mit den Ohren, sondern im Herzen. Wenn der Wind durch die Bäume strich, glaubte sie, eine Melodie zu vernehmen. Wenn Regen fiel, klang es für sie wie Trommeln auf einer Bühne.
Eines Tages traf sie auf einen alten Spielmann am Rande des Dorfs. Er hatte eine verstaubte Geige und Augen, die so hell glänzten wie Scheinwerfer auf einer nächtlichen Bühne.
„Warum ist alles so still?“, fragte Mina.
Der Spielmann seufzte. „Vor langer Zeit hat die Königin des Landes Musik verbannt. Sie fürchtete, dass Lieder die Herzen aufwühlen, die Menschen zum Träumen bringen – und Träume sind gefährlich für jene, die nur Gehorsam wollen.“
„Aber Träume sind doch der Anfang von allem!“, rief Mina.
Der Spielmann nickte. „Darum musst du gehen und den Ankerklang finden. Es ist ein Lied, das die Welt wieder in Schwingung bringt. Doch sei gewarnt: Der Weg dorthin ist voller Zweifel, Nebel und Sümpfe der Mutlosigkeit.“
Mina zögerte nicht. Mit einem alten Kassettenrekorder und einem Herz voller Melodien machte sie sich auf den Weg.
Sie geriet in dichte Nebel, in denen sie kaum noch wusste, wo oben und unten war. Stimmen flüsterten: „Du schaffst es nicht… Kehr um…“ Als sie am Boden lag, weinte und nicht mehr weiterwusste, erinnerte sie sich an die Worte des Spielmanns.
Sie drückte Play.
Ein altes Lied ertönte – schwach, kratzig, aber voller Wärme. Sofort klarte der Nebel auf, der Boden festigte sich unter ihren Füßen, und in ihrem Herzen wuchs ein Licht.
So durchquerte sie Sümpfe, stieg Berge hinauf, sang leise vor sich hin, wenn sie Angst hatte – und jedes Mal trug sie ein Lied in sich, das ihr half.
Am Ende des Weges fand sie eine versteckte Höhle. In ihrer Mitte stand ein Kristallklavier. Als sie sich setzte und die Tasten berührte, erklang der Ankerklang – und durch die Höhle, durch die Wälder, durch die Städte hallte Musik.
Die Stille zerbrach.
Die Menschen blieben stehen, horchten – und begannen zu lächeln, zu summen, zu tanzen. Selbst die Königin öffnete ihr Fenster, schloss die Augen und erinnerte sich: an ihre Kindheit, an ihr Lieblingslied.
Seit diesem Tag ist Stillonia nie mehr still gewesen.
Und Mina? Sie reist durchs Land, mit ihren Liedern, mit alten und neuen Klängen – und wo immer Zweifel oder Dunkelheit herrschen, sagt man:
„Leg noch mal auf. Sing noch einmal ein Lied. Am Ende des Tages hilft immer Musik.“
Zu diesem Märchen findest Du den passenden Song auf dem Album Edelstein von Kahl P , das auf allen bekannten Plattformen verfügbar ist - hier der Link zu YouTube